Erlangen und das Märzenbier

 

Geschichte und Definition
Bereits vor dem 30-jährigen Krieg beherrschten die Erlanger Brauer die untergärige Bierherstellung, was in den folgenden Jahrhunderten den Bau umfangreicher Kelleranlagen am Er-langer Hausberg, dem nördlich vorgelagerten Burgberg, zur Folge hatte. Untergärige Hefe vergärt idealerweise bei einer Temperatur zwischen 5 und 10° C. Daher ist eine ständige Kühlung während der Hauptgärung, aber auch im Laufe der nachfolgenden wochenlangen Reifung und Lagerung nötig, um ein geschmackstabiles Bier zu erhalten.
Trotz des Einsatzes von Natureis bei der Vergärung kam es bis zur großtechnischen Einführung der Kältemaschine, die Carl von Linde Anfang der 1870er Jahre entwickelt hatte, immer wieder zu starken Qualitätsschwankungen hinsichtlich Geschmack und Haltbarkeit des Bieres. Somit war die beste Brauzeit der Winter. Wenn es dann Richtung Frühjahr ging, wurde zuletzt im März ein stärkeres Sommerbier eingebraut, das nach Möglichkeit in der kommenden warmen Jahreszeit immer frisch blieb. Das erreichten die Brauer u.a. durch eine stärkere Hopfengabe und eine Erhöhung des Stammwürzegehaltes, was sich natürlich auch auf den Alkoholgehalt auswirkte. Als Stammwürze bezeichnet man den Anteil der aus dem Malz gelösten Inhaltsstoffe, die nach dem Abläutern (also der Trennung von Treber und Flüssigkeit) in der Würze verbleibt.
Märzenbier ist definitionsgemäß ein wegen der besseren Haltbarkeit und der Geschmacksstabilität im Frühjahr eingebrautes kräftiges, malzaromatisches, vielfach auch gut gehopftes, vor allem aber süffiges Untergäriges der Lagerbierfamilie. Sein Stammwürzegehalt liegt normalerweise zwischen 13 und 14 %, was einen Alkoholgehalt zwischen 5,0 und 5,6 % vol. bedingt.

Erlanger Gegebenheiten
Die in den Erlanger Burgberg getriebenen Felsenkeller sind bis heute nicht nur ein bestimmender Faktor der über 250-jährigen Bergkirchweih, sondern waren auch die Basis des in der zweiten Hälfte des 19. Jahrhunderts stark florierenden Erlanger Bierexports. Spätestens ab der zweiten Hälfte des 17. Jahrhunderts wurden immer mehr Keller in den hierzu idealen Burgsandstein gegraben (auf dem Gelände der Bergkirchweih insgesamt 16), um immer mehr Bier, insbesondere in der wärmeren Sommerzeit bei optimalen Bedingungen lagern zu können. So entstand ein weit verzweigtes, fast ebenes, leicht nach Norden ansteigendes Stollensystem, in das an kalten Wintertagen auch noch Natureis von den Rudelsweihern oder vom Ludwig-Donau-Main-Kanal eingebracht wurde.
Doch ab den 1890er Jahren verloren die Burgbergkeller wegen der zunehmenden Verbreitung der künstlichen Kältekompression ihre Funktion als Bierlagerstätte. Als Austragungsort eines der schönsten fränkischen Kirchweihfeste sind sie bis heute den Erlangern, aber auch vielen Gästen unserer Stadt, die von weither allein derentwegen anreisen, ein feststehender Begriff.

Märzenbier heute
So ist es auch kein Wunder, dass die auf der Bergkirchweih ausgeschenkten, speziell ein-gebrauten Festbiere der beiden Erlanger Brauereien Märzenbier-Typen sind. Bei der Kitzmann Bräu wird hierzu ein Sud aus reinem Wasser des eigenen Tiefbrunnens, hellem und etwas dunklem Malz mit Aromahopfen gekocht, bis er 13,2 % Stammwürze erreicht hat. Nach der Vergärung und Lagerung wird das "Bergbier" filtriert und hat dann einen bernsteinfarbenen Glanz (bei 5,9 % vol. alc.). Die Steinbach Bräu kehrte 1997 mit ihrem dunklen Festbier auf die Bergkirchweih zurück und verwendet das vielgelobte Trinkwasser der Erlanger Stadtwerke AG, dunkles, etwas helles und Sauermalz aus der hauseigenen Mälzerei sowie Aromahopfen, um einen Stammwürzegehalt von 13,8 % zu erreichen. Unfiltriert und naturbelassen hat es einen Alkoholgehalt von 6 % vol.
Während aus München berichtet wird, dass sich das auf dem Oktoberfest ausgeschenkte "Wiesnbier" typologisch vom Märzen hin zum Export entwickelt habe, ist eine solche "Verschlankung" beim Bergkirchweihbier noch nicht festzustellen. Bei aller Euphorie ist allerdings der bewusste Umgang mit dem alkoholhaltigen Elixier vorzuziehen - nur so kann überschäumende Lebensfreude ohne Negativfolgen zelebriert werden.
Auch wenn es Erlanger Biere mit der ausdrücklichen Sortenbezeichnung "Märzen" als Ganzjahresangebot zurzeit nicht mehr gibt (Henninger Reifbräu und Erich Bräu existieren seit 1974/75 nicht mehr; die Kitzmann-Bräu stellte die Produktion ihres rot etikettierten hellen Märzens und des dunklen Bayerisch-Märzen vor gut 20 Jahren ein), können sich die Freunde dieses Biertyps dennoch freuen. Die beiden Erlanger Brauereien präsentieren ihren zwischen Januar und März gebrauten Bergkirchweihbier-Jahrgang 2007 an zwei aufeinander folgenden Tagen im April:

· Am Sonntag, 22.04.2007, findet der Erlanger Bierfrühling im Kitzmann-Brauereihof (Südl. Stadtmauerstraße 25) mit Bergbierprobe und Wahl der 8. Kitzmann-Bierkönigin statt.

· Am Montag, 23.04.2007, dem Tag des deutschen Bieres, folgt bei Dixie-Rhythmen und einem köstlichen Biergulasch die Bergbierprobe der Steinbach Bräu (Vierzigmannstr. 4).

Nach den (Vor-)Bierproben im April bleibt dann nur noch der Hinweis auf die fünfte Erlanger Jahreszeit, für den der kräftig gebraute Gerstensaft eigentlich bestimmt ist: Die 252. Erlanger Bergkirchweih läuft vom 24. Mai bis zum 4. Juni 2007.

 


Noch in den 1980er Jahren gab die US-Brauerei Stroh, Detroit, 
ihrer Spezialbiermarke ERLANGER die Sortenbezeichnung "Märzen".
 

erlanger.gif (648 Byte)© 2000-2011 ,  Jochen Buchelt, Stand: 07.03.2007

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