Die 254. Erlanger Bergkirchweih - eine Nachlese

Fotos: Sabine Ismaier

Am Montag nach der Europawahl, 8. Juni 2009, ging die 254. Erlanger Bergkirchweih nach 12 Tagen friedlich zu Ende. Es war wieder ein gelungenes, Freude bringendes Ereignis mit weit über 1 Million Besuchern und sowohl Schausteller und Beschicker wie auch Kellerwirte und Brauereien waren mit den Umsätzen trotz der globalen Finanz- und Wirtschaftskrise durchaus zufrieden. Wir haben für Sie einige bemerkenswerte Ereignisse bzw. Erscheinungen festgehalten:

Der 7. Kitzmann Bierköniginnen-Stammtisch auf dem Entlas Keller: Die 10. (und aktuelle) Kitzmann Bierkönigin Isabella I. hielt Hof und Brauereichef Peter Kitzmann freute sich "die Bierkönigin ist einer unserer wichtigsten Sympathieträger!". Entlaskellerwirt Fritz Engelhardt hieß die Majestäten zu ihrem Stammtisch ganz besonders willkommen, zu dem sich später auch Seniorchef Karl Kitzmann gesellte. Nachdem sich die jungen Damen zum obligatorischen Gruppenfoto aufgestellt und lukullische Kerwasspezialitäten zu sich genommen hatten, brachen sie zu ihrem nun auch schon traditionellen Zug über das Berggelände auf. Von Kitzmann Ausschankstation zu Kitzmann Ausschankstation wurde die Stimmung immer prächtiger und nur einmal machte jemand Peter Kitzmann und Markus Kern (der Bierköniginnen-Manager) die "Hahn im Korb-Rolle" streitig: In den Katakomben von Rosi Müllers Weller Keller tauchte völlig unerwartet Erlangens nach wie vor "Nr. 1 Schlagerstar" und heutige Musikproduzent Michael Holm auf, um mit den Königinnen (nicht nur) zu posieren!

Achtung! Nachahmungen im Umlauf: "Lassen Sie sich unterwegs keine anderen Brezen anhängen! Die Original Erlanger Bergbrezen gibt es nur direkt oben auf dem Berggelände an ihren traditionellen Plätzen. Die auf dem Weg zum Berg angebotenen Brezen sind keinen Gulden wert". Mit dieser polarisierenden sowohl annoncierten als auch plakatierten Werbeaussage ging Brezen Mayer in die Offensive und ließ sogar das Tor am Nachbarhaus zur Bergstraße 1 (Guldens Bergstube) so beschriften. War es der Standort oberhalb der Bäckerei Gulden oder das Kopfschütteln vieler Erlanger Bergbesucher, jedenfalls wurde zum zweiten Festwochenende ein Teil der Werbeaussage überlackiert. Dabei sollte doch einzig und allein der Geschmack entscheiden, aber darüber kann man bekanntlich streiten ...!

Erhard Königsreuther - alias Pinsl, im März 2009 verstorbenes Erlanger Original und selbstgekrönter Bergkönig, fehlte zwar als leibhaftige Erscheinung, doch in der heutigen Zeit dauert es manchmal nur Monate, bis einem Denkmäler gesetzt werden: Die Macher vom Hübners Keller enthüllten eine Tafel mit einem gestrichelten Konterfei des guten Pinsls, um ihm ein dauerhaftes Andenken zu sichern. Ihm wären ein paar Freibiermaßen mehr zu Lebzeiten sicherlich lieber gewesen ...!

Der Schlusstag am Montag nach Trinitatis: Das letzte Fass wurde wie immer im Rahmen einer Trauerprozession umringt von Tausenden Papiertaschentuchwinkern auf dem Erich Keller zu Grabe getragen und nachdem die Kapellen nacheinander ein letztes Mal das altbekannte Lied Lilly Marleen angestimmt hatten, zog es die Prominenz zum Steinbach Keller, um dort noch einmal in trauter Runde der 5. Jahreszeit der Universitätsstadt Ade zu sagen. Dessen Belegschaft hat in den letzten Jahren übrigens ihre ganz eigene Bergschlusstradition entwickelt: In Begleitung von Kellerchef und Braumeister Christoph Gewalt wird unter Singen von Spottversen gegen die Konkurrenz in die Stadt gezogen, um dann die nächsten Stunden im nachmitternächtlichen Kneipentrubel zu verbringen (und der Chef darf jeweils die Zeche zahlen ...). Schluss ist dann erst um 6.00 Uhr morgens, wenn Metzgermeister Jürgen Brunner im Brauhaus an der Vierzigmannstraße kesselfrische Weißwürste kredenzt.


Die Ottensooser Kirchweih

Das östlich von Lauf a.d. Pegnitz gelegene Ottensoos (Landkreis Nürnberger Land) hat einen ganz besonderen Kulturhöhepunkt in seinem Kirchweihprogramm. Heuer fand am 13. Juni zum 64. Mal das abendliche Kirchweihsingen statt: Ein Volksliedersingen am Kirchweihsamstag ab 20.00 Uhr auf dem Dorfplatz unter Mitwirkung des örtlichen Posaunenchors, des Frauensingkreises, des Schulchores sowie des Männergesangsvereins und zum krönenden Schluss erschallte das von allen gemeinsam angestimmte Lied "Guten Abend, gute Nacht". Anschließend zog es die meisten Besucher zur gemütlichen Atmosphäre des eigens von den örtlichen Vereinen und Parteien aufgebauten "kulinarische Dorfs" am Weiher, wo die Bierspezialitäten der Privatbrauerei Kitzmann ausgeschenkt wurden. Das war kein Zufall, denn schließlich stammte die im Juni 2002 viel zu früh verstorbene Seniorchefin der Erlanger Traditionsbrauerei Frau Elisabeth Kitzmann aus Ottensoos (und der hiesigen, schon vor Jahren geschlossenen Kronenbräu). So ließen sich die Ottensooser (wie z.B. Altbürgermeister Hans Gemmel und Gemeinderatsmitglied Martin Schieber) und ihre Gäste das gute Kitzmann-Edelpils und manch andere Kerwasleckerei schmecken. In der späten Abenddämmerung tauchten dann auch noch Scharen brummender Junikäfer im Luftraum über dem Festplatz auf, was bei so manchem Kindheitserinnerungen weckte....!


Der Erlanger Schloss(bier)garten

Fotos: Sabine Ismaier

Angenehmer Nebeneffekt der ganz kurzfristigen, witterungsbedingten Absage des ersten Termins am 27. Juni 2009 für das 55. Erlanger Schlossgartenfest und der Neuterminierung am darauf folgenden Samstagabend, 4. Juli 2009 (mit rund 6.500 Gästen - so viele wie nie zuvor), war, dass die üblicherweise nur am sonntäglichen Bürgerfrühschoppen für die Allgemeinheit zur Verfügung stehende Selbstbedienungsbewirtung eine ganze Woche andauerte. Und die Erlanger Studenten- und Bürgerschaft nahm das Angebot des Schloss(bier)gartens in der herrlichen Barockparkatmosphäre gerne zum Lernen, Diskutieren, Flirten oder beschaulich Verweilen an.


Das Nachtbräu-Kellerfest 2009

Am Samstag, 4. Juli 2009, lud die Nachtbräu - eine der ältesten Erlanger Hobbybrauvereinigungen - im 18. Jahr zu ihrem Kellerfest an den Uttenreuther Felsenkeller (unterhalb des Weinbergs am östlichen Ortsausgang gleich neben der Polizeiinspektion Erlangen-Land). Der gegen 17.00 Uhr auf Erlangen herunterprasselnde Gewitterregen zog in südöstliche Richtung weiter und hinterließ in Uttenreuth nur ein paar Tropfen. So konnten die Mannen um Rainer Weiß ihr erstes Fass pünktlich anstechen und ihre drei Spezialkreationen für das Kellerfest 2009 präsentieren:
· vom Fass ein dunkles, untergäriges Lagerbier,
· aus der Weißglasflasche ein obergäriges, fruchtig-herbes Roggenbier und
· aus der Braunglasflasche ein untergäriges Rauchbier mit sehr hohem Rauchmalzanteil, der allerdings geschmacklich aufgrund der Juvenilität des Gerstensaftes noch nicht voll durchschlug.
Die Gästeschar grillte mitgebrachtes Fleisch und Gemüsegut auf den von den Veranstaltern bereitgestellten Kuppelgrills und zeigte sich von der Örtlichkeit, den gereichten Bieren, sowie der späteren Kellerführung begeistert. Ganz besonders angetan war ein japanischer Ingenieurskollege von Rainer Weiß, der erst gar nicht glauben konnte, dass man solche guten Biere auch selbst am heimischen Herd zustande bringt.


Das 1. Frauenauracher Bürgerfest

Fotos: Sabine Ismaier

Am Samstag, 4. Juli 2009, führten der Ortsbeirat und der Ortsring von Frauenaurach ihr erstes Bürgerfest durch, um das Leben in dem 1972 nach Erlangen eingemeindeten Stadtteil zu aktivieren und die Bürgerinnen und Bürger wieder mehr zusammenzuführen. Neben Volkstanzdarbietungen, der Besichtigungsmöglichkeit des Amtshausschüpflas, Feuerwehrspritzübungen, Nachtwächterauftritt und der gebackenen Verlockung eines Klosterkirchenweckens von der Bäckerei Mörtel waren die Rundgänge durch die Klostermälzerei Wirth GmbH und den sonst nicht betretbaren Felsenkeller am westlichen Aurachgrund eindeutige Höhepunkte des trotz der regnerischen Witterung erfolgreichen Festes. Wir haben für Sie einige Fotoimpressionen zusammengestellt:


Das Calvin-Bier der Steinbach Bräu

Der 500. Geburtstag des Reformators Johannes Calvin haben Pfarrer Johannes Mann von der evangelisch-reformierte Kirchengemeinde Erlangen und den Seniorchef der Steinbach Bräu Dieter Gewalt dazu angeregt, über die Lebensgewohnheiten der ersten, ab 1686 nach Erlangen gekommenen Hugenotten zu forschen. Johannes Calvin gilt als Verfechter der Prädestinationslehre mit der Allmacht Gottes sowie der Bedeutungslosigkeit des menschlichen Willens und stand für eine strenge Moral und Kirchenzucht. Dennoch oder gerade deshalb war er der Meinung, dass Gott alle seine Gaben auf Erden nur zu unserem - der Menschen - Besten erschaffen habe.
Ursprünglich war den Hugenotten aufgrund ihrer französischen Herkunft der Wein weit näher als das Bier. Doch schon bald lernten die Erlanger Hugenotten in ihrer neuen Stadt auch das Bier ihrer nördlichen Schwesterstadt, der Erlanger Altstadt, schätzen und empfanden dessen Genuss als gottgegebene Wohltat.
So kam Dieter Gewalt auf die Idee, mit Unterstützung von Braumeister Roman Gause ein besonderes Calvin-Festbier zu brauen, um damit dem Reformator, ohne den es die Hugenotten in Erlangen nicht gegeben hätte, Referenz und Ehre zu erweisen. Der durch edle Hopfenaromen geprägte Gerstensaft wurde erstmals nach einem mehrstündigen Festakt (mit Verleihung des neu geschaffenen Hugenottenpreises für Menschenrechte und Zivilcourage an das Gräfenberger Demokratieforum) am Freitag, 10. Juli 2009, im Hof neben der Reformierten Kirche kredenzt (wenn man so will, als Importgut aus der Altstadt in die Neustadt) und danach als Spezialbier des Monats in der Steinbach Bräu ausgeschenkt.
Als besondere Rohstoffe wurden u.a. vermälzter Buchweizen (aus der hauseigenen Malzproduktion) und ganz spezieller Aromahopfen eingesetzt. Das goldgelbe, süffige Untergärige mit einer Stammwürze von knapp 13 %, und etwa 5,5 % vol. Alkohol kann als interessanter, eigenständiger Biertyp beschrieben werden.


Bier & Brauhaus

Ende Juni 2009 erschien die dritte Ausgabe der Zeitschrift "Bier & Brauhaus", die von ihrem Herausgeber Markus Harms als einziges unabhängiges Magazin über Biergenuss und Braukultur in Deutschland beschrieben wird. Ein Thema darin ist der von Jochen Buchelt verfasste Artikel "Genusskultur: Erlanger Bier", der in kompakter Form die Bierstadtgeschichte und das bierige "hier und heute" der fränkischen Universitätsstadt beleuchtet. Das Heft ist in Erlangen im Kitzmann BräuKontor erhältlich.

 

erlanger.gif (648 Byte)© 2000-2011 ,  Jochen Buchelt, Stand: 01.08.2009

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