Zeitgeschichtliches

Foto: Sabine Ismaier
|
Der Bergkönig hat Leinwand und Maßkrug für immer in die
Ecke gestellt
Am 12. März 2009 verstarb der selbsternannte "König der
Bergkirchweih" Erhard "Pinsl" Königsreuther in
"seinem" Atelier Westliche Stadtmauerstraße 19. Das eigenwillige
Erlanger Original hätte im August 2009 seinen 82. Geburtstag feiern
können. Nicht zuletzt durch seine Auftritte auf dem Erich Keller wurde der
pfiffige Kunstmaler mit dem spitzbübischen Blick und dem starken Hang zur
Feuchtfröhlichkeit einem größeren Publikum bekannt. Immer wieder zahlte
er seine (Zech-)Schulden mit selbstgemalten Bildern, sodass sich heute
einige Hundert davon im Erlanger Privatbesitz befinden. Es ist also nur noch
eine Frage der Zeit, wann - vorzugsweise während der Bergkirchweih - die
erste Ausstellung "Bergkönig Pinsl - Leben und Werk" veranstaltet
werden wird.
Jahrzehntelang war der Pinsl - viele kannten gar nicht seinen bürgerlichen
Namen - ganz fester Bestandteil des Erlanger Kirchweih- und Bierfestlebens
(in der wärmeren Jahreszeit) sowie der innerstädtischen Kneipenszene.
Bereits in den 1970er Jahren hatten es ihm u.a. die griechisch geführten
Wirtschaften in der Ostvorstadt angetan: in der Gaststätte Deutsches Haus
(Luitpoldstraße) beglich er seine aufgelaufenen Rechnungen mit mindestens 7
Bildern und im Hafen von Piräus (Stubenlohstraße) gab es einen
Kompensationsauftrag zur Gestaltung der nördlichen Nebenzimmerwand mit
einer altgriechischen Szenerie (doch das Gemälde blieb jahrelang
unvollendet und wurde schließlich übertüncht).
Zu seiner Aussegnungsfeier auf dem Erlanger Zentralfriedhof am Montag, 23.
März 2009, kamen noch einmal Weggefährten, Getreue und Fans des
selbsternannten Bergkönigs zusammen, um sich von ihm zu verabschieden, und
Thomas "Wulli" Wullschläger ließ es sich dabei nicht nehmen,
ganz speziell für den guten Pinsl in die Saiten seiner Gitarre zu greifen.
Danach ging es zum "standesgemäßen" Leichentrunk ins Cafe
Markgraf am Marktplatz.
Der Pinsl ist tot - Erlangen ist um ein Original ärmer geworden (wie die
Betreiber des Erich-Kellers in einer Traueranzeige feststellten) und doch
lebt er weiter, denn so schnell wird man den spitzbübischen Künstler,
bierseligen Kauz und Bewahrer vor allem der eigenen Freiheit in Erlangen
sicher nicht vergessen.
|